Freie Engagements in Berlin und Stuttgart

Künstlerisch  war die Zeit am Hansa-Theater eine zwiespältige Erfahrung, aber sie wappnete mich für spätere Vorschläge meines Vaters, der in jedem Stück eine Rolle für mich zu haben glaubte.

 

1966 „Der Biberpelz“ von Gerhardt Hauptmann, Regie Herbert Ballmann, Leontine am Hansa-Theater

 

1967 „Die Heiratsvermittlerin“ von Thornton Wilder.

Bekannt wurde das Stück als Musical „Hello Dolly“, mit Brigitte Mira als Dolly und Paul Esser am Hansa-Theater.

 

1967 Hansa-Theater „Zwei Herren aus Verona“ von W. Shakespeare

Regie Paul Esser

 

Die interessanteste Arbeit war „Der Biberpelz“ in der Inszenierung von Herbert Ballmann, der ein sehr erfolgreicher Fernsehregisseur wurde mit Serien wie „Ein Mann will nach oben“ und „Drei Damen vom Grill“. Ich spielte die Leontine und Dagmar Biener meine Schwester. 10 Jahre später wurden uns die beiden Rollen von Herrn Utzerath an der Freien Volksbühne noch einmal angeboten, aber ich fand, mit über 30 noch mal eine Jugendliche zu spielen, nicht verlockend. Ich spielte noch am Forum Theater, einem kleinen Privattheater am Kurfürstendamm, in „Jahrmarktsfest zu Plundersweilern“, einem ziemlich obszönen Stück von Goethe, in dem wir von zwei jungen Musikern begleitetet wurden. Ich fand sie am spannendsten von der ganzen Truppe. Sie hatten ein Musical im Theater des Westens aufgeführt und mussten ihre Schulden abarbeiten. Es waren Rio Reiser und der spätere Mann von Irm Herrmann, Dietmar Roberg.

 

Endlich kehrte ich wieder zu Peter Zadek zurück und spielte in einer Fernsehinszenierung vom „Kirschgarten“ die Dunjascha, die ich später auch am Stuttgarter Staatstheater spielte.

 

1968 „Der Kirschgarten“ von Anton Chechov, Regie Peter Zadek, Bühne W. Minks, am Staatstheater Stuttgart

 

 

Peter Zadek 

 

 

„Dunjascha“ im Kirschgarten Regie: Peter Zadek, WDR 1966

 

1968 „Gerettet“ von Edvard Bond, Regie Peter Zadek,

freie Volksbühne Berlin 

 

Anschließend spielte ich in „Gerettet“ an der Freien Volkbühne, einer Inszenierung von Peter Zadek. Das Stück ist sehr aggressiv und die Inszenierung betonte diese Aggressivität, was dazu führte, dass die Zuschauer die Bühne stürmten, um uns Schauspieler zu verprügeln und wir uns in den Garderoben verbarrikadieren mussten.

 

 

„Gerettet“ Freie Volksbühne 1968

 

„Sonntags am Meer“ von Philippe Adrien, 1968

Claus Peymann, Freie Volksbühne, auf dem Foto u.a. Otto Sander als mein kleiner Bruder Fritzchen

 

 

Am gleichen Theater spielte ich anschließend unter der Regie von Claus Peymann in „Sonntags am Meer“ mit Otto Sander, Ulli Wildgruber, Dagmar Biener und Anneliese Römer.

 

Das gleiche Stück wurde später für das Fernsehen noch einmal von Claus Peymann inszeniert. Nach den Dreharbeiten spielten Claus Peymann, Ulli Wildgruber, Otto Sander und ich am Abend immer Skat. Ulli Wildgruber und Peymann haben abwechselnd gewonnen, Otto und ich abwechselnd verloren.

 

Nach dieser Zeit der Gastspiele ging ich zurück nach Bremen, wo Rolf Becker die „Weibervolksversammlung“ von Aristophanes inszenieren wollte, mit mir in der Hauptrolle. Es war die Zeit, in der die politische Diskussion auch in den Theatern begann und die Arbeit sollte anders werden, neu, sollte das Politische beinhalten, das wir in den vorbereitenden Diskussionen erarbeitet hatten. Schon bei der ersten Probe stellte sich heraus, dass man das Stück trotzdem ganz normal erarbeiten musste, was allen damals allerdings zu wenig war. Nach wochenlangen Diskussionen und Grüppchenbildungen entschied sich Rolf Becker, statt einer Aufführung, das Stück von der neu gebildeten Truppe um Peter Stein auf der Hauptbühne lesen zu lassen. Unser Intendant Kurt Hübner erschien auf der Beleuchterbrücke und lieferte sich eine erregte Diskussion mit Peter Stein, der am Vorabend die Vorstellung für eine Antivietnam Solidaritätsbekundung unterbrochen hatte und so gab es ein tolles Spektakel, an dem ich aber leider nicht mehr beteiligt war. Im Fernsehen drehte ich beim WDR „Kolportage“ in der Regie von Wilhelm Semmelroth, in der mich Sonja Ziemann wegen meiner angeblichen Selbstsicherheit bewunderte.

 

Ich blieb noch bis zu meinem 29. Lebensjahr in Bremen, wo ich mit allen Regisseuren, die zu der Zeit am Theater beschäftigt waren, gearbeitet habe u.a. mit Klaus Michael Grüber in „Meisterschaft im Klassenkampf“.

 

Ich beschloss vom Theater abzugehen und das Wagnis einzugehen, als Künstlerin einen selbstbestimmteren Weg zu suchen.